27. August 2025 Fahrt mit der historischen Straßenbahn durch Halberstadt

Gemeinsame Fahrt mit der historischen Straßenbahn Nr. 166 durch Halberstadt
Mindestens einmal im Jahr unternimmt der Shantychor Halberstadt e.V. mit allen Vereinsmitgliedern und Angehörigen einen gemeinsamen Ausflug, um so das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Vereins zu festigen und sich auch auf diesem Wege bei den Angehörigen und Partnern der Vereinsmitglieder für deren Verständnis und Unterstützung der chorischen Arbeit der Mitglieder zu bedanken.
Am 27. August war eine Fahrt mit der historischen Straßenbahn der Stadt Halberstadt geplant. Kurz vor 16.00 Uhr trafen sich alle Interessenten in der Hans-Neupert-Straße/Ecke Kirschallee, um von dort aus das gesamte Streckennetz der Straßenbahn der Stadt Halberstadt mit der Bahn Nr. 166, Baujahr 1966, zu befahren, die, bevor sie nach Halberstadt überführt wurde, in Freiburg i. Br ihre alltägliche Arbeit verrichtete. Los ging es in Richtung Wendeschleife am „Schafstall“, um dann in Richtung Bahnhof - als ersten Anschnitt - zu fahren. Begleitet wurden die Fahrgäste von Herrn Burkhard Hoffmeister, der viel Interessantes über die Stadt, deren Persönlichkeiten, Geschichte und Bauwerke zu berichten wusste und selbst alteingesessene Halberstädter konnten dabei noch Dinge erfahren, die ihnen bis dahin nicht oder nur zum Teil bekannt waren.
Dass in Halberstadt, in den damaligen Junckers-Werken, Teile für den Flugzeugbau hergestellt wurden, ein Flugplatz existierte, die Stadt viele Jahrzehnte Garnisonsstadt war, war sicherlich vielen bekannt. Aber, dass auf dem Flugplatz, hinter den Klusbergen, auch ein Zeppelin landete, wohl eher nicht. Da wir ein Shantychor sind und wir uns verpflichtet sehen, die seemännischen Traditionen im weitesten Sinne, wenn man so will, zu pflegen, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass nach 1945 in dem aus den Junkers-Werken entstandenen Maschinenbau Halberstadt, sämtliche Dieselmotoren für die DDR- Schifffahrt hergestellt wurden. In Anerkennung dieser Leistung, erhielt ein Handelsschiff der Klasse „Typ 4“, aus der Serie „Frieden“, den Namen „Halberstadt“.
Erinnert wurde auch an Otto von Bismarck und dessen Beziehung zu Halberstadt. Vorbei ging es an dem 1890 gegründeten Schlachthof, der zu seiner Zeit am Stadtrand und dessen Gebäude heute mitten in der Stadt stehen und als ältester noch existierender Schlachthof in Sachsen-Anhalt gilt, was jedoch nur für die Gebäude zutrifft. Produziert wird in den Gebäuden selbstverständlich noch, allerdings nicht mehr als Schlachthof, da die gesamte Produktion (Schlachtung und Vermarktung) seit vielen Jahren über die, in den Gebäuden des Schlachthofes wirkende, Landwurst GmbH erfolgt.
Weiter ging es dann, vorbei am Gerichtsgebäude und der ehemaligen, sich dahinter befindlichen, mittlerweile geschlossenen, Untersuchungshaftanstalt (UHA), bis zum Bahnhof, dessen Gebäude vor vielen Jahren kernsaniert und dafür ausgezeichnet wurde.
Vom Bahnhof fuhr die Straßenbahn in Richtung Zentrum, vorbei an dem Platz, wo bis zur sinnlosen Zerstörung der Stadt Halberstadt durch amerikanische und englische Bomber, bis zum 8. April 1945 das Stadttheater stand, dessen Pendant noch heute in Cottbus steht und durch den mutigen Einsatz von Cottbuser Bürgern vor dessen, von der Wehrmacht befohlenen, Sprengung bewahrt wurde, da es auch als Munitionslager genutzt wurde. (s. auch Wikipedia)
Im Stadtzentrum grüßte uns der älteste, aus dem Jahre 1433 stammende, noch original erhaltene, Roland in Deutschland. Der älteste steht übrigens in Bremen, ist aber wohl nicht mehr so ganz original. Gegenüber, im Dom, befindet sich das 1999, auf Initiative von Dr. Harald Hausmann, der an seinem 55. Geburtstag, dem 8. Dezember 1995, in der damals neu eröffneten Gaststätte „Schwejk“, die Initiative ins Leben gerufen hat, durch Spenden das Domgeläut vollständig zu erneuern. Unter großer Anteilnahme der Halberstädter und deren Gäste – man sprach von rund zehntausend Besuchern -, erfolgte dann 1999 der öffentliche Guss der größten Glocke dieses Geläuts, der „Domina“, auf dem Domplatz unter Aufsicht von Johann Peter Hinz. Leider darf die „Domina“ aus technischen Gründen nicht mehr geläutet werden. Sie soll ihren Platz künftig dort finden, wo sie einst auf dem Domplatz gegossen wurde.
Weiter ging die Fahrt durch die Gröperstraße in Richtung Straßenbahndepot, wo auch das Gruppenfoto entstand. Dort erfuhren die Fahrgäste, dass die Straßenbahn aus der, 1887 gegründeten, Pferdebahn hervorging. Bereits 16 Jahre später, im Jahre 1903, wurde die erste elektrische Straßenbahn Halberstadts in Betrieb genommen, was dadurch ermöglicht wurde, dass in unmittelbarer Nachbarschaft des Depots, ein E- Werk entstand. Auch die älteste Straßenbahn, die Halberstadt derzeit besitzt, die „31“, aus dem Jahr 1939, befindet sich dort im Depot, wie auch die, 2006 mittels Fördermittel vom Land Sachsen-Anhalt angeschafften, zum damaligen Zeitpunkt sehr modernen Bahnen, sich dort befinden. Notwendige Reparaturen erfolgen unmittelbar vor Ort, in der sich dort befindenden Werkstatt.
Durch die bereits erwähnte, fast vollständige Zerstörung der Stadt, drei Tage vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen, die am 11. April 1945 die Stadt besetzten, kann sich jeder vorstellen, wie das Straßenbahnnetz danach ausgesehen haben mag. Dennoch gelang es den Halberstädtern bereits im Mai 1945, die Strecke zwischen dem Friedhof und dem Fischmarkt so wieder herzustellen, dass auf diesem Abschnitt die Straßenbahn wieder fahrbereit war. Bereits einen Monat später, im Juni 1945, waren ca. 82 Prozent des gesamten Streckennetzes wieder hergestellt. Allein an dieser Aufbauarbeit, die unter den damaligen schwersten Bedingungen erfolgte, kann jeder erkennen, wie wichtig den Bürgern der Stadt Halberstadt ihre Straßenbahn war und bis heute noch ist. Aber wie war eigentlich die „Auslastung“ der Straßenbahn? Hier einige Zahlen: Im Jahre 1944, bedingt durch die Kriegsproduktion in den Junkers-Werken, waren es rund 11 Millionen Fahrgäste. 1989 waren es immerhin 7,5 Millionen und Anfang der 1990er Jahre noch ca. zwei Millionen, was auf den starken Verlust der Einwohnerzahl durch Wegfall tausender Arbeitsplätze zurückzuführen ist.
Nach einer Fahrt durch die Altstadt, die Voigtei, am Torteich vorbei und über die Holtemme, befuhren wir die Schleife im Nordring und von dort ging es dann zurück in Richtung Zentrum. An der Holtemme fuhren wir an dem Gebäude vorbei, in dem sich viele Jahre eine Weinhandlung befand. In diesem Haus war der berühmte Maler Georg Carl Adolf Hasenpflug (23.09.1802 – 13.04.1858) künstlerisch tätig, der u.a., neben dem Magdeburger und Halberstädter Dom, auch den, zu der Zeit noch im Bau befindlichen, Kölner Dom malte und zwar so, als sei das Bauwerk schon vollendet. Sein künstlerischen Können blieb selbst am Hofe Friedrich Wilhelm III., dem damaligen Königs von Preußen, der von 1797 bis 1840 in Potsdam regierte, nicht unbemerkt, so dass Carl Hasenpflug selbst für ihn tätig war. Über Leben und Wirken des Künstlers können sich interessierte Halberstädter und ihre Gäste, sowohl im Städtischen Museum, als auch im „Schraube- Museum“, informieren.
Im weiteren Verlauf der unterhaltsamen Fahrt ging es an das, aus den Trümmern der Ruinen der Stadt errichtete Theater in der Spiegelstraße vorbei. Dieses Theater, damals als „Volkstheater Halberstadt“ errichtet, war der erste Theaterneubau in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem – wie auch in dem zerstörten Stadttheater – etliche berühmte deutsche Schauspieler auftraten. Theo Lingen ist hier wohl der Bekannteste. Leider steht in unmittelbarer Nachbarschaft das, Mitte der 1970er Jahre errichtete, 1995 kernsanierte und bereits einige Jahre später wieder geschlossene, „Klubhaus der Werktätigen“, nicht mehr. Nur noch große Schutthaufen erinnern an ein, für die Kunst und Kultur so wichtiges Gebäude der Stadt, das einen großen und einen kleinen Saal, zwei Gaststätten und Versammlungsräume beinhaltete und in dem vor 1990, nach Darstellung der damaligen Leiterin, bis zu 700 Veranstaltungen im Jahr stattfanden.
Nach Verlassen des Zentrums überquerte die Traditionsbahn in der Westerhäuser Straße noch einmal die Eisenbahnschienen Halberstadt – Blankenburg, bevor sie dann wieder nach rechts in die Hans-Neupert-Straße einbog und sich so dem Ende der Stadtrundfahrt, dem ursprünglichen Ein- jetzt Ausstieg – näherte.
Anschließend begaben sich alle Mitreisende in das Gästehaus „Spiegelsberge“ zu einem gemeinsamen Abendessen, bei dem alle mitgereisten Chormitglieder und deren Angehörige nochmal Gelegenheit fanden, sich ganz ungezwungen zu unterhalten und den Abend ausklingen zu lassen.
Unser Dank gilt nochmals Herrn Burkhard Hoffmeister für die unterhaltsame Führung und dem Chauffeur der Traditionsbahn, sowie Herrn Wedhorn für die gute Bewirtung. Weiterhin bedanken sich alle Mitglieder des Vereins, ihre Partner und Angehörigen, für die Organisation des gelungenen, gemeinsamen Nachmittag, beim Vorstand des Shantychor Halberstadt e.V., insbesondere jedoch bei Margrit Lorenz und Heinz-Erich Gustus.
(Text G. R. Hoffmann)